Bäderschließungen - Eine kritische Betrachtung Teil 1

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Bäderschließungen - Eine kritische Betrachtung Teil 1

BSG-Institut
Veröffentlicht von Heiko Reckert in Allgemein · 16 August 2019
Tags: Bäderschließung
Bereits vor über zehn Jahren hat sich das BSG-Institut in der ersten Ausgabe des BSG-Magazins das Thema „Bäderschließungen“ vorgenommen und in einem Schwerpunktthema vor den Gefahren gewarnt, die die anhaltende Schließung von Bädern mit sich bringt. Das war im Jahr 2008. Heute, über eine Dekade später, ist das Problem immer noch genauso, wenn nicht noch drängender. Ein Grund, den Bericht aus dem Jahr 2008 nochmal „aufzubohren“ und auf den aktuellen Stand zu bringen. In diesem und in den folgenden Postings wollen wir uns das Problem von verschiedenen Seiten betrachten und vielleicht Ansätze zur Lösung finden. Kommentare sind willkommen.



„Im Ruhrgebiet sollen nach den Empfehlungen eines Gutachtens zahlreiche öffentliche Frei- und Wellenbäder geschlossen oder umgebaut werden.“ Das berichtete schon im April 2008 „Der Westen“, das Online-Portal der WAZ-Gruppe (heute Funke Medien Gruppe) mit Sitz in Essen.
Grund seien, laut Gutachter, die zurückgehenden Besucherzahlen und der hohe Sanierungsbedarf. In Auftrag gegeben hatte die Untersuchung der Regionalverband Ruhr (RVR). Untersucht wurden dabei unter anderem die RVR-Revierparks und Freizeitzentren Nienhausen (Gelsenkirchen), Vonderort (Bottrop) und Wischlingen (Dortmund). In Xanten, so die Gutachter, müsse das Familienbad schließen, wohingegen im Duisburger Revierpark Mattlerbusch das Wellenbecken zu einer Strand- Landschaft umgebaut werden solle.

Nach Angaben der DLRG sind seit dem Jahr 2000 im Durchschnitt jedes Jahr 80 Bäder geschlossen worden. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich, oft steht jedoch die Kostenfrage im Zentrum der Diskussion. Schon vor über zehn Jahren gab es eine Untersuchung zu den Kosten von Freibädern für die Betreiber. Der niedersächsische Bund der Steuerzahler stellte damals in seiner Pressemeldung fest: „Dagegen werde das Freibad Simonswolde der Gemeinde Ihlow (Landkreis Aurich) fast ausschließlich mit öffentlichen Geldern betrieben. Das Bad arbeitete in den Jahren 2001 bis 2003 nur mit einem durchschnittlichen Kostendeckungsgrad von 3,7 %. Die Gemeinde subventionierte jeden Badbesucher mit durchschnittlich 30,58 Euro. Auch das zweite Freibad Riepe der Gemeinde Ihlow schnitt im Vergleich mit einem Deckungsgrad von durchschnittlich 9,2 % (Zuschuss 13,27 Euro je Besuch) schlecht ab. Ebenso erzielte das Freibad Dettum der Samtgemeinde Sickte (Landkreis Wolfenbüttel) im Mittel nur eine Kostendeckung von 9 % (Zuschuss je Besuch: 13,72 Euro).“
Dass es gar Betreiber gibt, die gar keinen Eintritt für ihr Freibad verlangen, wertete der Steuerzahlerbund als „bemerkenswert“. Dabei ließ aber die Überschrift des Presseberichtes „Von einem Euro Freibad-Kosten zahlen Besucher 32 Cent und die Steuerzahler 68 Cent - BdSt-Studie „Wenn Städte und Gemeinden baden gehen...“ keinen Zweifel daran, wie der Steuerzahlerbund diese Tatsache bewertete.
Kaum besser sieht es bei den Hallenbädern aus. Im Jahr 2014 war auf www.welt.de zu lesen, dass Hamburg für jeden Besucher beim Bäderland 4,35 Euro zuzahlt. (https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article128578146/Kein-Schwimmbad-ohne-Zuschuss.html)
Angesichts dieser eher negativen Schlagzeilen wird es zunehmend schwieriger, Befürworter für Hallen- und/oder Freibäder zu gewinnen. Und schwebt über einem Bad nicht das Damoklesschwert der Baufälligkeit, so doch in vielen Fällen das der leeren Stadtkassen, die nötige Investitionen unmöglich machen und letztlich dann zur Baufälligkeit führen.

Allgemeines - Ist-Zustand
Einer der Vorkämpfer gegen Bäderschließungen ist seit Jahren die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft. Sie hatte sich schon vor zehn Jahren ehrgeizige Ziele für die kommenden Jahre gesetzt. Bis 2020 sollen die Ertrinkungszahlen, gemessen am Jahr 2000, um die Hälfte gesenkt werden. Ein Weg, dieses Ziel zu erreichen, war der Aktionsplan 2005. Auf der Internetseite des Aktionsplans hieß es dazu: „Im Gegensatz zu den in den neunziger Jahren durchgeführten Werbemaßnahmen für die Rettungsschwimmabzeichen...ist die Aktion als langfristige Maßnahme geplant, die je nach den lokalen Rahmenbedingungen auch in Zusammenarbeit mit Kommunen, Schulämtern, Lehrern, Verbänden und örtlichen Wirtschaftsunternehmen durchgeführt werden können. Die Kampagne setzt dabei den Schwerpunkt eindeutig auf eine kontinuierliche Steigerung der Ausbildungsleistungen denn auf kurzfristige Erfolge.“
Kurzfristig, das zeigen die aktuellen Untersuchungen, sind die Ertrinkungszahlen sogar gestiegen oder wetterbedingt konstant geblieben. Auch die Ausbildungsleistung ist bei der DLRG in den Bereichen der Schwimmausbildung eher stagnierend.
Worin die Gründe dafür liegen, dass in den vergangenen Jahren von der DLRG vielerorts weniger Schwimmabzeichen abgenommen wurden als angepeilt, darüber gibt es viele Vermutungen. Beobachtungen in den einzelnen Gliederungen zeigen aber, dass es oft externe Gründe sind, die für den Rückgang dieser Zahlen verantwortlich gemacht werden.
Der Bedarf, das stellen die Gliederungen immer wieder fest, ist durchaus vorhanden, allein die zur Verfügung stehende Wasserfläche bzw. die Trainingszeiten lassen eine Deckung dieses Bedarfs nicht zu. Vielerorts melden Eltern ihr Kind bereits mit zwei Jahren zur Schwimmausbildung an, da sie hoffen, dass ihr Sprössling dann mit fünf oder sechs einen Kursplatz bekommt.
Und während sich die DLRG zum Ziel setzt, die Ausbildungszahlen zu steigern, droht vielerorts den Hallenbädern das Aus.
Seit 2018 steuert die DLRG jetzt nicht nur mit Aufklärung der Bevölkerung dagegen, sondern widmet sich offensiv dem eigentlichen Problem, den Bäderschließungen. Eine Petition gegen Bäderschließungen, durch Videos bei Youtube und Postings bei Facebook flankiert, soll die Problematik nicht nur bei der Bevölkerung, sondern eben auch bei der Politik in den Mittelpunkt rücken.
Im April 2019 schrieb die DLRG zu den bisherigen Ergebnissen der Petition:

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hat ihre Petition „Rettet die Bäder!“, die sich gegen das fortwährende Schließen von Schwimmbädern richtet, bis Ende August verlängert. „Wir wollen mit unserer Kampagne das Problem des schleichenden Bädersterbens einer noch breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen und gezielt dort ansetzen, wo das Schwimmenkönnen so wichtig ist“, erklärt Achim Haag, Präsident der Lebensretter. Gemeint sind die über 2.000 Badestellen in Deutschland, an denen die DLRG während der Sommermonate präsent ist.
Gerade in dieser Zeit erhofft sich die DLRG, in den Freibädern, an den Seen oder an den Stränden von Nord- und Ostsee zahlreiche weitere Unterschriften sammeln und der Petition damit noch mehr Nachdruck verleihen zu können. Denn insbesondere im Sommer - das beweist die DLRG-Statistik seit Jahren - sind die meisten Ertrinkungsfälle zu verzeichnen.
Für die Petition wurde das angestrebte Quorum von insgesamt 50.000 Unterschriften bereits im Februar erreicht. Damit könnte sie direkt dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags überreicht werden. Ferner hat man mit der Verlängerung einen passenden Zeitpunkt der Übergabe im Blick: So plant die DLRG die Übergabe der Unterschriften für Anfang September, um einerseits die parlamentarische Sommerpause zu überbrücken und andererseits die Petition idealerweise in den dann anstehenden Haushaltsdebatten unterbringen zu können.
Seit Jahren kritisiert die DLRG vehement die sich verschlechternden Rahmenbedingungen für die Schwimmausbildung. Immer mehr Schwimmbäder schließen oder werden in Spaßbäder umfunktioniert, in denen an Schwimmausbildung nicht zu denken ist. In der Folge werden Wartezeiten für Schwimmkurse immer länger. „Wir müssen Bäder erhalten oder bauen und nicht wegrationalisieren. Schließungen gehen zu Lasten der Wassersicherheit der Bevölkerung und bezahlbarer sozialer Angebote“, mahnt Haag.
Die möglichen Folgen sind schon jetzt spürbar: Rund 60 Prozent der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer. Bereits 25 Prozent der Grundschulen haben keinen Zugang mehr zu einem Schwimmbad - oder müssen zum Teil lange Wege auf sich nehmen. Vor diesem Hintergrund will die DLRG mit der Petition „Rettet die Bäder!“ bundesweit auf das Thema aufmerksam machen und dem anhaltenden Negativtrend entgegenwirken. Alle weiteren Informationen dazu unter www.rettet-die-baeder.de.

Gut gebrüllt Löwe, möchte man angesichts der Ziele der DLRG sagen und in der Tat sind die beängstigenden Fotos und Video, die im Rahmen der Kampagne von der DLRG verbreitet werden schon geeignet, einmal mehr hinzuschauen. Allein das hilft aber nicht, denn wo das Geld fehlt, da bleibt jeder gute Wille ohne Erfolg.
Nun stellt sich die Frage, warum so viele Bäder so hohe Instandhaltungskosten verursachen. Bäder werden entweder aus bautechnischen Gründen oder aus finanziellen Gründen geschlossen, wobei die finanziellen Gründe, wie sie bereits oben beschrieben wurden, meist überwiegen aber eben dann auch nicht selten auf marode Bausubstanz zurückgehen.
Man fragt sich, warum das so ist. Und hier liegt eines der großen Probleme der Bäderschließungen. In vielen Fällen kommt es zur Baufälligkeit nur, weil konsequent über Jahre hinweg jede Ausgabe für Instandhaltungsarbeiten vermieden wurde. Als Beispiel kann hier das Südbad in Dortmund genannt werden, das 2004 wegen akuter Einsturzgefahr geschlossen wurde, nachdem in den Jahren zuvor dringend nötige Instandhaltungsarbeiten nicht durchgeführt wurden. Inzwischen ist es zwar renoviert und wieder eröffnet worden, doch mussten die Dortmunder in der Innenstadt zwei Jahre ohne ein Bad auskommen, was die Verantwortlichen angesichts der Tatsache, dass es in Dortmund schließlich nicht nur ein Bad gibt, als erträglich erachteten.
In seltenen Fällen steht ein Bad auch der „Stadtentwicklung“ im Weg. Im Fall des Hallenbades in Hemer (NRW) sollte das Bad einem Einkaufszentrum „Neue Mitte“ weichen. Nur eine Bürgerinitiative konnte damals den Abriss abwenden. Heute, fast 20 Jahre später hilft auch die teuerste Renovierung nicht mehr. Das Bad hat das Ende seines Lebens erreicht. Nun geht es für die Bürger, die DLRG und den Schwimmverein vor Ort nur noch darum, dass möglichst ohne zeitliche Verzögerung ein Neubau entsteht.
In den meisten Fällen, könnte ein Bad aber deutlich länger betrieben werden, hätte man vorher die nötigen Maßnahmen ergriffen. Doch vielerorts hat man dazu nicht weit genug in die Zukunft geschaut. Genauso, wie es heute zwar den meisten Menschen klar sein müsste, dass der CO2 Ausstoß sich spätestens 2050 drastisch auf unsere Umwelt auswirken wird, wenn heute nicht konsequent gegengesteuert wird, so hätte den Badbetreibern spätestens in den frühen 80er Jahren klar sein müssen, dass die Technik in den Bädern und auch die Bausubstanz nur mit regelmäßigen Investitionen erhalten werden kann. Doch das geschah nicht.

Mehr zu diesem Thema in Kürze in diesem Blog.


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